A. Einführung
1. Der Begriff Lex Commissoria und seine Etymologische Herkunft
Lex commissoria ist ein bedeutendes Rechtsprinzip, das seine Wurzeln im Römischen Recht hat und auch in modernen Rechtssystemen fortbesteht, um Schuldner zu schützen. Im Römischen Recht wurden oft Vereinbarungen getroffen, bei denen das Eigentum an verpfändeten Sachen auf den Gläubiger überging, wenn der Schuldner die Schuld nicht begleichen konnte. Diese Praxis führte jedoch häufig dazu, dass Schuldner ausgebeutet wurden, da ihr Eigentum ungerechtfertigt an den Gläubiger überging. Um dies zu verhindern, wurde im Römischen Recht das Verbot der lex commissoria eingeführt, um Schuldner vor solchen ungerechten Folgen zu schützen.
Etymologisch stammt lex aus dem Lateinischen und bedeutet „Gesetz“ oder „Regel“, während commissoria vom Verb „committo“ abgeleitet ist, was „zusammenfügen“ oder „verbinden“ bedeutet. Zusammen steht lex commissoria für eine vertragliche Klausel, die die Übertragung des Eigentums an der verpfändeten Sache auf den Gläubiger im Falle des Zahlungsausfalls vorsieht. Auf Deutsch könnte dieser Begriff als „vertragsgebundene Klausel“ oder „vertragsgebundene Bedingung“ übersetzt werden, die eine wichtige Rolle bei der Sicherstellung der Rechtssicherheit spielt.
2. Was ist das Lex Commissoria Verbot?
Im türkischen Recht bezieht sich das lex commissoria Verbot auf die Unwirksamkeit jeglicher Vereinbarungen, die vorsehen, dass das Eigentum an verpfändeten Sachen auf den Gläubiger übergeht, wenn der Schuldner die Schuld nicht bezahlt. Das türkische Zivilgesetzbuch (TZG) regelt dieses Verbot in Artikel 873 für unbewegliche Sachen und in Artikel 949 für bewegliche Sachen. Diese Artikel stellen sicher, dass der Gläubiger das Eigentum an der verpfändeten Sache nicht automatisch erlangen kann, wenn die Schuld nicht beglichen wird. Der Gläubiger hat nur das Recht, seine Forderung durch den Verkauf der verpfändeten Sache einzutreiben.
Dieses Verbot beschränkt sich nicht nur auf bewegliche oder unbewegliche Pfänder, sondern kann auch auf andere Formen von Sicherungsverträgen und Pfandrechten, wie etwa Forderungspfandrechte, ausgeweitet werden. Das lex commissoria Verbot schützt somit Schuldner davor, ihr Eigentum an verpfändeten Sachen ohne ordnungsgemäßes rechtliches Verfahren zu verlieren.
Zahlreiche Entscheidungen des türkischen Kassationshofs haben die Gültigkeit und Durchsetzung dieses Verbots bestätigt. Beispielsweise wurde in einem Fall, in dem ein Vertrag vorsah, dass Aktien im Falle der Nichtzahlung an den Gläubiger übergehen, diese Klausel vom Gericht gemäß dem lex commissoria Verbot für unwirksam erklärt (Kassationshof, 11. Zivilsenat, E. 2001/7126, K. 2011/9409).
3. Zweck und Rechtsgrundlage des Verbots
Der Hauptzweck des lex commissoria Verbots besteht darin, den Schuldner zu schützen, der sich häufig in einer schwächeren Verhandlungsposition als der Gläubiger befindet. Das Gesetz zielt darauf ab, zu verhindern, dass der Gläubiger unrechtmäßig vom finanziellen Missstand des Schuldners profitiert, indem er das Eigentum an der verpfändeten Sache erlangt.
Das Verbot stellt außerdem sicher, dass der Gläubiger seine Forderung nur durch den Verkauf der verpfändeten Sache eintreiben kann, ohne das volle Eigentum an dem Vermögenswert zu erlangen, insbesondere wenn der Wert der Sache die Höhe der Schuld übersteigt. Ohne dieses Verbot könnten Gläubiger die Situation ausnutzen und Vermögenswerte erlangen, die weit mehr wert sind als die geschuldete Summe, was zu ungerechtfertigter Bereicherung führen würde.
Der Zweck dieses Verbots wird in einer Entscheidung des 14. Zivilsenats des Kassationshofs wie folgt zusammengefasst: „Diese Regelung zielt darauf ab, zu verhindern, dass der Gläubiger betrügerisch unbewegliches Eigentum erwirbt, wenn der Schuldner die Zahlung nicht leisten kann“ (Kassationshof, 14. Zivilsenat, E. 2011/8337, K. 2011/10611).
4. Voraussetzungen für die Anwendung des Verbots
Damit ein Vertrag unter das lex commissoria Verbot fällt, müssen folgende Bedingungen erfüllt sein:
Das Vorhandensein einer Klausel oder Vereinbarung, die die Übertragung des Eigentums an der verpfändeten Sache auf den Gläubiger vorsieht: Der Vertrag muss eine Bestimmung enthalten, die festlegt, dass das Eigentum an der verpfändeten Sache auf den Gläubiger übergeht, wenn die Schuld nicht beglichen wird.
Die Klausel oder Vereinbarung muss vor Fälligkeit der Schuld getroffen worden sein: Die betreffende Vereinbarung muss vor der Fälligkeit der Schuld getroffen worden sein.
Die Vereinbarung muss zugunsten des Gläubigers getroffen worden sein: Die Klausel sollte darauf abzielen, dem Gläubiger Eigentumsrechte zu gewähren, wenn der Schuldner die Schuld nicht rechtzeitig begleicht.
B. Lex Commissoria Verbot im Türkischen Recht
1. Regelungen im Türkischen Zivilgesetzbuch
Das türkische Zivilgesetzbuch regelt das lex commissoria Verbot sowohl für unbewegliche als auch für bewegliche Pfandsachen ausdrücklich. Artikel 873 des TZG besagt, dass jede Bestimmung, die die Übertragung des Eigentums an einer verpfändeten unbeweglichen Sache auf den Gläubiger im Falle der Nichtzahlung vorsieht, ungültig ist. Ebenso verbietet Artikel 949 des TZG Klauseln, die vorsehen, dass das Eigentum an verpfändeten beweglichen Sachen auf den Gläubiger übergeht, wenn die Schuld nicht bezahlt wird.
Diese Bestimmungen bieten einen wichtigen Schutz für Schuldner, indem sie sicherstellen, dass Gläubiger das Eigentum an der verpfändeten Sache nicht vollständig übernehmen können. Das Recht des Gläubigers beschränkt sich darauf, seine Forderung durch den Verkauf des verpfändeten Vermögens einzutreiben.
2. Lex Commissoria Verbot im Handelsrecht
Auch im türkischen Handelsrecht spielt das lex commissoria Verbot eine wichtige Rolle. Artikel 919 des früheren türkischen Handelsgesetzbuchs (THG 6762), das mittlerweile außer Kraft gesetzt wurde, verbot ausdrücklich die Übertragung des Eigentums im Falle einer Schiffsipothek. Diese Bestimmung findet sich im neuen THG 6102 nicht mehr, jedoch sind die Rechte des Gläubigers bei Schiffshypotheken nach Artikel 1014 des THG weiterhin auf die Eintreibung der Forderung aus dem Verkaufserlös des Schiffes beschränkt. Somit bleibt das lex commissoria Verbot in Übereinstimmung mit den allgemeinen Grundsätzen des türkischen Zivilgesetzbuches bestehen.
3. Anwendungsbereich des Verbots
Das lex commissoria Verbot gilt nicht nur für verpfändete bewegliche und unbewegliche Sachen, sondern auch für andere Formen von Sicherungsvereinbarungen. Viele Arten von Verträgen, die zur Sicherung von Schulden abgeschlossen werden, unterliegen diesem Verbot, darunter hypothekenbesicherte Schuldverschreibungen, Rentenbriefe und Grundlasten. Obwohl diese Sicherungsformen in der Gesetzgebung vorgesehen sind, werden sie in der Praxis selten angewendet.
Darüber hinaus erstreckt sich das Verbot auf andere Sicherungsrechte wie Forderungspfandrechte und Treuhandübertragungen, um sicherzustellen, dass Gläubiger keine Vermögenswerte erhalten, die den Wert der Schuld übersteigen.
4. Treuhänderische Geschäfte und Lex Commissoria
Treuhänderische Geschäfte werden häufig zur Sicherung von Schulden verwendet, bei denen der Schuldner oder ein Dritter das Eigentum an einem Vermögenswert vorübergehend auf den Gläubiger überträgt, mit der Vereinbarung, dass das Eigentum nach Begleichung der Schuld zurückgegeben wird. Auch in solchen Fällen greift jedoch das lex commissoria Verbot. Wenn die Schuld nicht beglichen wird, kann der Gläubiger das Eigentum an dem Vermögenswert nicht behalten.
Diese treuhänderischen Geschäfte, obwohl rechtlich gültig, dürfen nicht dazu verwendet werden, das lex commissoria Verbot zu umgehen. In einigen Fällen können sie als betrügerisch angesehen werden, wenn ihr alleiniger Zweck darin besteht, das Verbot zu umgehen und den Gläubiger ungerechtfertigt zu bereichern.
C. Hypotheken und Lex Commissoria
1. Begründung von Hypotheken
Eine Hypothek ist ein Sicherungsrecht an unbeweglichen Sachen, das es einem Gläubiger ermöglicht, die Rückzahlung einer Schuld abzusichern. Artikel 856 des türkischen Zivilgesetzbuchs regelt die Begründung von Hypotheken und schreibt vor, dass eine Hypothek zur Gültigkeit im Grundbuch eingetragen werden muss. Diese Eintragung dient als öffentlicher Hinweis für Dritte und begründet die Rechte des Gläubigers an der Sache. Selbst bei einer gültigen Hypothek kann der Gläubiger jedoch aufgrund des lex commissoria Verbots nicht das Eigentum an der Sache erlangen.
2. Rechtliche Natur von Hypothekenverträgen
Ein Hypothekenvertrag wird in der Regel zwischen dem Gläubiger und dem Eigentümer der unbeweglichen Sache abgeschlossen, um eine Schuld abzusichern. Solche Verträge dürfen jedoch nach türkischem Recht keine Klauseln enthalten, die es dem Gläubiger ermöglichen, das Eigentum an der verpfändeten Sache zu erlangen, wenn die Schuld nicht beglichen wird. Nach Artikel 873 des TZG wäre eine solche Klausel ungültig. Das Recht des Gläubigers beschränkt sich darauf, seine Forderung durch den Verkauf der Sache einzutreiben.
3. Hypotheken an Eigentum Dritter
Es ist möglich, dass eine dritte Person ihr unbewegliches Eigentum zur Sicherung der Schuld eines anderen verpfändet. Auch in solchen Fällen kann der Gläubiger aufgrund des lex commissoria Verbots das Eigentum an der verpfändeten Sache nicht erlangen. Die Verantwortung der dritten Person beschränkt sich darauf, den Verkauf der Sache zuzulassen, und der Gläubiger kann die Schuld nur aus dem Verkaufserlös eintreiben.
D. Folgen eines Verstoßes gegen das Lex Commissoria Verbot
Gemäß dem türkischen Zivilgesetzbuch sind Vereinbarungen, die gegen das lex commissoria Verbot verstoßen, nichtig. Jede Klausel in einem Vertrag, die gegen diese Regel verstößt, ist automatisch null und nichtig und hat keine rechtliche Wirkung. Es gibt zwei Hauptansichten in der türkischen Rechtslehre bezüglich der Folgen eines Verstoßes gegen das Verbot:
Zwingende Teilnichtigkeit: Diese Ansicht besagt, dass nur der Teil des Vertrags, der gegen das Verbot verstößt, für null und nichtig erklärt werden sollte, während der Rest des Vertrags gültig bleibt.
Teilnichtigkeit: Die vorherrschende Ansicht in der türkischen Rechtslehre ist, dass ein Vertrag teilweise nichtig sein kann, wenn bestimmte Bedingungen erfüllt sind, und der Vertrag ohne die rechtswidrige Klausel weiterhin durchsetzbar bleibt.
E. Fazit
Das lex commissoria Verbot ist ein wichtiges Rechtsprinzip, das darauf abzielt, Schuldner vor der Ausbeutung durch Gläubiger zu schützen, indem es verhindert, dass Gläubiger Eigentum an verpfändeten Sachen erhalten, das den Wert der Schuld übersteigt. Nach diesem Verbot können Gläubiger das Eigentum an verpfändeten oder verpfändeten Sachen nicht automatisch erwerben, selbst wenn der Schuldner die Schuld nicht begleicht. Stattdessen müssen sie die Rückzahlung durch den Verkauf der Sache einfordern. Diese Regel hat ihre Wurzeln im römischen Recht und spielt auch heute noch eine wesentliche Rolle in modernen Rechtssystemen, einschließlich des türkischen Rechts, wo sie als Schutzmechanismus gegen die ungerechtfertigte Bereicherung von Gläubigern dient.