Haftung in Vertragsverhandlungen: Was ist Culpa in Contrahendo?

Haftung aus Vertragsverhandlungen: Culpa in Contrahendo
Verträge können nicht nur nach ihrer Unterzeichnung rechtliche Folgen haben, sondern auch schon während der Verhandlungsphase. An diesem Punkt kommt, obwohl nicht ausdrücklich in unserer Gesetzgebung geregelt, das Konzept der culpa in contrahendo ins Spiel, das zu Beginn der vertraglichen Beziehung von entscheidender Bedeutung ist. Dieser Begriff, der ins Türkische als „vorvertragliches Verschulden“ übersetzt werden kann, tritt auf, wenn eine Partei aufgrund des schuldhaften Verhaltens der anderen Partei zu Beginn des Vertragsprozesses einen Schaden erleidet. Mit anderen Worten: Es geht um die Haftung, die während der vorvertraglichen Phase entstehen kann, wenn die Parteien auf gegenseitigem Vertrauen handeln.
In diesem Artikel erklären wir, was culpa in contrahendo ist, wie es sich von Begriffen wie dem Vorvertrag und der arglistigen Täuschung unterscheidet und unter welchen Umständen es relevant wird.
"Bei der culpa in contrahendo bildet das Vertrauensverhältnis die Grundlage der Haftung. Diese Haftung entsteht aus der Verletzung dieses Vertrauens."

Begriffe, die der Culpa in Contrahendo ähneln
1) Vorvertrag:
Ein Vorvertrag wird, wie jeder andere Vertrag auch, durch die gegenseitige Willenserklärung der Parteien geschlossen und enthält bestimmte Verpflichtungen. Culpa in contrahendo unterscheidet sich jedoch hiervon. Während culpa in contrahendo vorvertragliche Beziehungen betrifft, handelt es sich dabei nicht um einen Vorvertrag.
Die grundlegenden Unterschiede zwischen diesen beiden Konzepten lassen sich wie folgt zusammenfassen:
• Einen Vorvertrag verpflichtet die Parteien, in Zukunft einen Vertrag abzuschließen.
Die culpa in contrahendo beruht auf dem Vertrauensverhältnis zwischen den Parteien, und die Haftung entsteht aus der Verletzung dieses Vertrauens.
Obwohl beide zur vorvertraglichen Phase gehören, stellt ein Vorvertrag eine rechtliche Beziehung dar, die über bloße Verhandlungen hinausgeht, während sich culpa in contrahendo auf die Haftung in der früheren Phase bezieht, bevor ein Vertrag abgeschlossen wird.
2) Arglistige Täuschung:
In unserem Rechtssystem gilt grundsätzlich die Vertragsfreiheit; die Parteien können frei Verträge schließen, solange ihr Wille nicht getäuscht oder mangelhaft ist. Bei einem Willensmangel ändert sich diese Situation jedoch. Ein Willensmangel liegt vor, wenn eine Person nicht in der Lage ist, einen Vertrag mit voller und richtiger Absicht zu schließen, was zur Anfechtung des Vertrages führen kann.
Die arglistige Täuschung ist eine Form des Willensmangels. Sie liegt vor, wenn eine Partei die andere absichtlich durch falsche Informationen oder das Aufrechterhalten eines bestehenden Irrtums dazu verleitet, einen Vertrag zu schließen. Die rechtlichen Folgen der arglistigen Täuschung sind wie folgt:
• Die getäuschte Partei kann den Vertrag innerhalb eines Jahres nach Entdeckung der Täuschung anfechten.
• Nach der Anfechtung gilt der Vertrag als von Anfang an nichtig, und die Parteien müssen in ihren ursprünglichen Zustand zurückkehren.
Was sind die Unterschiede zwischen arglistiger Täuschung und culpa in contrahendo?
• Bei der Täuschung ist es nicht erforderlich, dass ein Schaden entsteht; allein der Willensmangel reicht aus.
• Im Gegensatz dazu muss bei der culpa in contrahendo tatsächlich ein Schaden eingetreten sein, damit eine Haftung besteht.
• Wenn aus der Täuschung ein Schaden resultiert, kann der Anspruch auf Schadensersatz unter die culpa in contrahendo fallen.

Voraussetzungen der Culpa in Contrahendo
Damit eine Haftung aus culpa in contrahendo entsteht, müssen drei wesentliche Voraussetzungen erfüllt sein: Schaden, Verschulden und Kausalität. Sind diese Elemente gegeben, entsteht eine Haftung aus culpa in contrahendo, und die geschädigte Partei erhält das Recht, Ersatz des negativen Interesses (Vertrauensschaden) zu verlangen.
1) Schaden:
Um Schadensersatz verlangen zu können, muss zunächst ein materieller oder immaterieller Schaden vorliegen – ein Schaden, der aus der Enttäuschung der Erwartung resultiert, dass der Vertrag abgeschlossen wird. Ein Schaden ist die unfreiwillige Verminderung des Vermögens oder der persönlichen Rechte einer Person. Beispiele für materielle Schäden sind Ausgaben, die im Vertrauen auf den Vertragsschluss getätigt wurden (wie Notarkosten oder Reisekosten). Ein Beispiel für immateriellen Schaden wäre, wenn ein Geschäftsmann öffentlich einen bevorstehenden Vertrag ankündigt und durch dessen Scheitern einen Reputationsverlust erleidet.
2) Verschulden:
Das zweite Element der culpa in contrahendo ist das Verschulden. Verschulden bedeutet die vorsätzliche oder fahrlässige Verletzung rechtlicher Normen. Es ist nicht erforderlich, dass der Schaden vorsätzlich herbeigeführt wird, damit die Haftung aus culpa in contrahendo entsteht. Auch leichte oder grobe Fahrlässigkeit kann zur Haftung führen. Ist die geschädigte Partei jedoch ebenfalls schuldhaft beteiligt, kann die Höhe des Schadenersatzes entsprechend reduziert werden.
3) Kausalität (Ursachenzusammenhang):
Zwischen dem Schaden und dem schuldhaften Verhalten muss ein ursächlicher Zusammenhang bestehen. Mit anderen Worten: Hätte das schädigende Ereignis nicht stattgefunden, wäre auch kein Schaden entstanden. Zum Beispiel, wenn ein Unternehmen die andere Partei durch das Versprechen eines Vertragsschlusses zu Ausgaben veranlasst und dann zurücktritt, können diese Ausgaben auf Grundlage dieses ursächlichen Zusammenhangs als Schaden geltend gemacht werden.
Wenn Vertragsverhandlungen einseitig und unbegründet abgebrochen werden und dabei auf Seiten der anderen Partei eine berechtigte Erwartungshaltung entsteht, ist der daraus resultierende Schaden unter der culpa in contrahendo ersatzfähig.

Welche Schäden können unter der Culpa in Contrahendo ersetzt werden?
Unter der culpa in contrahendo (Haftung aus Vertragsverhandlungen) können negative Schäden ersetzt werden, die durch die Enttäuschung berechtigter Erwartungen entstanden sind. Diese Schäden resultieren aus Ausgaben oder verpassten Chancen, die im Vertrauen auf den Vertragsschluss eingegangen wurden.
Beispiele für ersatzfähige Schadensposten sind:
• Aufwendungen während des Vertragsprozesses: Notarkosten, Gebühren, Portokosten und ähnliche direkte Ausgaben
• Aufwendungen zur Vorbereitung auf den erwarteten Vertrag: Alle Ausgaben, die im Vertrauen auf den Vertragsschluss gemacht wurden
• Verpasste Chancen: Verluste durch Ablehnung anderer Angebote in Erwartung des Vertrages
• Schäden durch die Nichterfüllung eines anderen Vertrages: Zum Beispiel, wenn durch das Scheitern des betreffenden Vertrages ein vorteilhafteres Geschäft nicht abgeschlossen werden konnte
Diese Schadensposten fallen in den Anwendungsbereich der Ersatzpflicht aus culpa in contrahendo.

Wie ist die Verjährungsfrist bei der Culpa in Contrahendo?
Die Verjährungsfrist für Ansprüche aus Schäden, die aufgrund vorvertraglicher Verhandlungen entstanden sind, richtet sich nach den allgemeinen Bestimmungen des türkischen Obligationenrechts. Nach Rechtsprechung und Lehre unterliegen Ansprüche aus culpa in contrahendo, sofern nichts anderes bestimmt ist, einer allgemeinen Verjährungsfrist von zehn Jahren.
In solchen Fällen trägt die geschädigte Partei die Beweislast für das Vorliegen des Schadens und das Verschulden der anderen Partei. Daher ist es entscheidend, das rechtliche Verfahren sorgfältig zu steuern und alle Beweise genau zu dokumentieren, bevor ein gerichtliches Verfahren eingeleitet wird.
 
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